Das Thema Freiflächen für nichtkommerzielle Raves ist seit spätestens 2018 ein zähes und leidiges Thema, bei dem sich quasi nichts getan hat. Seit 2016 gilt die “Polizeiverordnung des städtischen Forstamtes Freiburg als untere Forstbehörde über das Verhalten im Wald auf dem Gebiet der Stadt Freiburg i. Br.”. Durch diese sind empfindliche Strafen von mehreren tausend Euro für Veranstaltungen die “elektronisch verstärkte Musikinstrumente und -geräte sowie Lautsprecheranlagen zu benutzen” vorgesehen. Seither ist die ehemals blühende Free-Open-Air-Kultur in dieser Stadt auf ein Bruchteil geschrumpft.
Um Plätze für entkriminalisierte Raves zu finden, hat sich die IG Subkultur mit dem Popsupport Freiburg und dem Amt für öffentliche Ordnung vor drei Jahren zusammengesetzt. Aus dieser Runde ist eine Liste mit diversen Spots entstanden, die von den anderen, zuständigen Ämtern auf ihre Machbarkeit geprüft wurde. Fünf eventuelle Flächen wurden damals gefunden, getan hat sich von Amtswegen in der Zeit danach nichts.Über den langen Winter hat sich vieles angestaut. Vor Szenarien wie auf dem Platz der Alten Synagoge haben wir – insbesondere bei der Kundgebung der Kulturgesichter0761 e.V. im März 2021 – gewarnt. Es muss dieses Jahr Freiflächen für kulturelles Ausleben und Tanzen geben. Diese Forderung haben wir in der Kulturagenda2021 im Bündnis mit Kulturgesichter0761, sowie Kultur Rettung Freiburg unter Punkt 1 “Draußen rettet Kultur” zusammengefasst. Dieser uns außerordentlich wichtige Punkt wurde der Stadtspitze (OB, Fachämter und Gemeinderat) im Rahmen des Round Tables am 23.4.2021 herangetragen, erläutert und diskutiert.In Zusammenarbeit mit Clubkultur e.V., der eine Fläche für ein Kulturareal mit VAG Bahn benötigt, haben wir eine Liste von potentiellen Flächen ausgearbeitet und sind diese mit dem Popsupport durch gegangen, welcher daraufhin einen weiteren Runden Tisch über die Themen Freiflächen und Clubkultur Areal initiiert hat.
Dieser fand am 01.07.2021 statt. Anwesend waren Vertreter:innen der IG Subkultur, Clubkultur e.V., der Popsupport Tilo Buchholz, sowie Vertreter:innen des Amt für öffentliche Ordnung, des Amt für Liegenschaften, Umweltschutzamt, Forstamt, Garten- und Tiefbauamt sowie des Baurechtsamtes.Nach einer kurzen Begrüßung und Einführung hat Clubkultur e.V. ihr VAG-Bahnprojekt für ein Open-Air-Kulturareal vorgestellt. Ziel war eigentlich, unsere vorbereitete, und vorher eingereichte Liste möglicher Orte für Legal-Raves und das Kulturareal durchzugehen, um zu prüfen, welcher dieser Orte in Frage käme. Für die Freiflächen verbleiben als Resultat magere 2,5 von insgesamt 14 vorgeschlagenen Flächen, auf denen mit vielen Fragezeichen vielleicht und irgendwann legal geraved werden kann. Dass seitens der Behörden keine eigene Vorschläge eingebracht wurden (abgesehen vom reichlich unsexy anmutenden Messeparkplatz) erweckt bei uns Zweifel an der Bereitschaft einzelner Ämter, sich ernsthaft mit diesem Thema beschäftigen zu wollen.
Dieser Eindruck zog sich durch das gesamte Gespräch hindurch. Es war schlichtweg deprimierend. Es wirkte, als wären 5/7 der Ämter auf dem Wissensstand von vor 2018. So stellte sich unter anderem “überraschend” heraus, dass wir mehr als eine Fläche benötigen. Auch das selbstverständlich nicht die IGS dort als Veranstalter:in auftreten wird, sondern die Flächen für die zahlreichen Crews, Kollektive und Vereine gesucht werden, mussten wir erneut betonen. Wir verstehen uns als “Interessensgemeinschaft”, die für die Interessen der Crews, Kollektive und Vereine eintritt. Es hatte den Anschein, als wäre ein Großteil nicht im Bilde, um was es geht. Dies verkennt den Ernst der Situation und wirkte unvorbereitet. Mehrere Plätze entzerren das Geschehen, exponierte Lagen sorgen für Entspannung im Stadtgebiet. Durch Rotation und Pausen können Flächen sich regenerieren. Es geht nicht um kommerzielle, dicht gedrängte Veranstaltungen, sondern um nichtkommerzielle, ehrenamtlich organisierte Veranstaltungen mit überschaubarer Teilnehmer:innenzahl. Bei Open Air Parties verteilt sich das Publikum auf dem Gelände, die Flächen sehen nach wenigen Tagen wieder aus, wie zuvor. Auch die Müllproblematik wird erfahrungsgemäß keine sein, wenn eine Verantwortung für einen Platz besteht. Ein wichtiger Aspekt für die Szene im Ganzen ist auch der Kontakt zu den jüngeren, entstehenden Szene, die wichtige Teile ihrer Jugend während der Pandemie zu verbringen haben. Eben diese werden dadurch zudem entkriminalisiert. Es braucht Raum für Kultur!
Spätestens seit dem Round Table Ende April 2021 hätte klar sein müssen, um was es hier geht, und dass es eilt! Raves finden statt und werden weiter stattfinden. Legale Ravespots bieten die Möglichkeit, die Veranstaltungen pandemiegerecht ablaufen zu lassen.
Nach dem Treffen mit den Ämtern waren wir im stetigen Kontakt mit dem Popsupport und stehen nun auch im direkten Austausch mit dem OB Büro. Einen der Plätze werden wir diese Woche mit den zuständigen Ämtern begehen. Vielleicht können wir da bald was starten, wenn Fragen wie Bedingungen, Genehmigung und Infrastruktur geklärt sind. Wir könnten die Gelegenheit nutzen um zu zeigen, wie sauber Raves ablaufen können! Dennoch ist die Gefahr groß, dass wir mit dieser Fläche abgespeist werden. Erfreulicherweise hat OB Horn einen Weisungsauftrag an die Ämter erteilt. Die Ämter sollen sich dem Thema nochmals widmen und auch selbst Flächen vorschlagen.
Fest steht, dass die Umsetzung nur mit der Hilfe und dem Willen der Stadt gelingen kann. Bei der Infrastruktur braucht es finanzielle Unterstützung oder gegebenenfalls die direkte Bereitstellung selbiger. Verfahrene Amtsstrukturen werden die Lage nicht entspannen. Wir fordern Flexibilität und Kreativität in Genehmigungsverfahren. Ermessens- und Handlungsspielräume müssen auch wirklich genutzt werden. Und wir benötigen einen Vertrauensvorschuss für uns und die Akteur:innen, die wir vertreten. Wir sind uns sicher, dass wir zeigen können, dass diesen Sommer noch Raves im Freien gefahrlos stattfinden können. Coronakonform und schonend im Umgang mit der Natur.
Pressemitteilung der IG Subkultur vom 20.07.2021